Arbeitszeugnis darf gefaltet und getackert sein
Immer wieder gibt es Streitigkeiten vor Gericht, wenn es um die Bewertung der Leistungen und des Verhaltens eines Arbeitnehmers in einem Arbeitszeugnis geht. Aber auch über die Form eines Arbeitszeugnisses wird gestritten, wie der folgende Fall zeigt, den das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (AZ: 5 Sa 314/17) aktuell entschieden hat:
Was war passiert?
Ein Arbeitnehmer hatte gegen ein ihm erteiltes Arbeitszeugnis geklagt. Neben inhaltlichen Streitigkeiten ging es vor allem um die Form des Arbeitszeugnisses. Dieses war in der oberen Ecke zusammengetackert und zweimal gefaltet, um in einen handelsüblichen Briefumschlag zu passen. Der klagende Arbeitnehmer war der Ansicht, einen Anspruch auf Zusendung eines ungeknickten und nicht zusammengehefteten Arbeitszeugnisses zu haben, weil dieses seiner Ansicht nach ansonsten nicht als Bewerbungsunterlage geeignet sei.
Was hat das Gericht gesagt?
Das Gericht entschied hingegen, dass kein grundsätzlicher Anspruch auf Zusendung eines ungeknickten Arbeitszeugnisses besteht. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erfüllt ein Arbeitgeber den Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses auch mit einem Zeugnis, das er zweimal faltet, um den Zeugnisbogen in einen Geschäftsumschlag üblicher Größe unterzubringen, wenn das Originalzeugnis kopierfähig ist und sich die Knicke im Zeugnisbogen nicht auf den Kopien abzeichnen, z.B. durch Schwärzungen (vgl. BAG, Urteil vom 21.09.1999 – 9 AZR 893/98). Ein Anspruch des Arbeitnehmers, das Zeugnis in einem DIN A4 Umschlag ungefaltet und in besonderer Weise durch Verstärkung geschützt zu erhalten, besteht nicht, es sei denn dies wurde ausdrücklich vereinbart.
In diesem Fall war weiterhin zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber dem Kläger mehrfach angeboten hatte, das Arbeitszeugnis in seiner ehemaligen Arbeitsstelle abzuholen. Nach Ansicht des Gerichts wäre es dem Kläger durchaus zumutbar gewesen, das Zeugnis direkt beim Arbeitgeber abzuholen, anstatt über zwei Instanzen ein ungeknicktes Arbeitszeugnis einzuklagen.
Es besteht auch kein Anspruch auf ein ungetackertes Arbeitszeugnis. Nach der Überzeugung des Gerichts stellt es kein unzulässiges Geheimzeichen dar, wenn der Arbeitgeber die Blätter mit einem Heftgerät körperlich miteinander verbindet. Es gebe keinerlei Belege dafür, dass ein „getackertes Zeugnis“ einem unbefangenen Arbeitgeber mit Berufs- und Branchenkenntnis signalisiert, der Zeugnisaussteller sei mit dem Arbeitnehmer nicht zufrieden gewesen – selbst wenn entsprechende Ansichten im Internet kursieren.
Praxistipp: Lässt sich der Arbeitgeber nicht auf eine Vereinbarung ein, das Arbeitszeugnis in einem DIN A4-Umschlag zu versenden, empfiehlt es sich, das Zeugnis direkt beim Arbeitgeber abzuholen, bevor man einen langen Rechtsstreit über die Frage führt, ob der Knick im Zeugnis sich noch auf der Kopie des Arbeitszeugnisses abzeichnet. Dies spart im Zweifelsfall Zeit, Geld und Nerven.
BGHP Betriebsratsberater-Team 03.04.2018