Kurzmittteilung zum BAG-Urteil vom 21.03.2018, Az: 10 AZR 34/17
Tarifliche Differenzierungen bei der Höhe der Nachtzuschläge unwirksam!
Tarifliche Regelungen, die für Schichtarbeitnehmer*innen geringere Nachtzuschläge vorsehen als für Arbeitnehmer*innen, die nur unregelmäßig Nachtarbeit leisten, stellen eine unzulässige Ungleichbehandlung dar und sind unwirksam. Dies entschied das BAG mit Urteil vom 21.03.2018, Az: 10 AZR 34/17 und erklärte eine entsprechende Tarifregelung für unwirksam. Die betroffenen Beschäftigten können als Folge daraus jeweils den höheren tariflichen Nachtzuschlag fordern.
Über welche Tarifnorm hat das BAG entschieden?
Entschieden hat das BAG dies im konkreten Fall zu einer Regelung des MTV der nordrheinischen Textilindustrie. Dieser sah Nachtzuschläge für Arbeit im Zeitraum zwischen 22:00 – 6:00 Uhr in Höhe von 50 % vor. Beschäftigte, die Nachtarbeit im Rahmen von regelmäßiger Schichtarbeit leisten, bekommen danach aber nur 15 %. Ein Schichtarbeiter klagte hiergegen und verlangte von der Arbeitgeberin den höheren Zuschlag von 50 % und bekam vor dem BAG Recht. Nach Auffassung des Gerichtes stelle die geringere Vergütung für Schichtarbeiter eine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung dar.
Welchen Zweck verfolgen die Tarifparteien mit solchen Differenzierungen?
Zunächst stellt sich die Frage, warum die Tarifparteien solche Differenzierungen überhaupt vornahmen? Offenbar waren sie der Auffassung, dass die regelmäßige Belastung mit Nachtarbeit zur Gewöhnung führt und von den Beschäftigten als weniger belastend empfunden wird, als wenn man nur gelegentlich zur Nachtschicht herangezogen wird. Diese Begründung ließ das BAG nicht gelten. Das Gericht stellte im Gegenteil fest, dass die gesundheitlichen Belastungen durch ständige Nachtarbeit höher seien, als durch gelegentliche Nachtarbeit. Die damit verbundene Ungleichbehandlung für Schichtarbeit sei nicht zu rechtfertigen, daher müssten diese so gestellt werden, wie andere vergleichbare Arbeitnehmer*innen. Folglich können Schichtarbeitnehmer*innen Zuschläge in gleicher Höhe verlangen wie sonstige Arbeitnehmer, die nur gelegentlich Nachtschicht leisten.
Praxistipp
Die Entscheidung ist für alle Beschäftigten im Schichtdienst relevant, deren Tarifverträge ähnliche Differenzierungen aufweisen. Nur beispielhaft seien hier erwähnt die Regelungen in Ziff. 7.1.3 MTV Arbeiter der Metallindustrie Berlin-Brandenburg oder in § 8 MTV Einzelhandel Berlin und Brandenburg. Beschäftigte sollten prüfen, ob sie nicht den jeweils höchsten Nachtzuschlag verlangen können. Für Betriebsräte stellt sich die Aufgabe, die höheren Auszahlungen unter Berufung auf ihre Pflicht zur Überwachung der Tarifverträge nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG beim Arbeitgeber anzumahnen. Betriebsvereinbarungen zu Arbeitszeitkonten oder zur Festlegung von Freizeitguthaben sollten von Betriebsräten darauf überprüft werden, ob die dortigen Freizeitguthaben noch mit der neuen Rechtslage in Einklang stehen. Wenn nicht, sollten diese zu Gunsten der Beschäftigten abgeändert werden.
BGHP-Fachanwalt für Arbeitsrecht Uwe Nawrot, 23.08.2019