Berufsgenossenschaften
Derzeit bestehen 25 gewerbliche Berufsgenossenschaften und 9 landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften. Die gewerblichen Berufsgenossenschaften sind nach Wirtschaftszweigen gegliedert, die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften sowie die Metall-Berufsgenossenschaft darüber hinaus auch noch nach Regionen.
Der persönliche Geltungsbereich der Unfallverhütungsvorschriften erstreckt sich grundsätzlich nur auf Mitgliedsunternehmen (Unternehmer und seine Beschäftigten) des jeweils rechtsetzenden Unfallversicherungsträgers.
Es gelten somit nur die Unfallverhütungsvorschriften der jeweils zuständigen Berufsgenossenschaft, in der das Unternehmen Mitglied ist.
Die für den Einzelhandel zuständige Berufsgenossenschaft (BG) ist zB die „Berufsgenossenschaft Handel und Warendistribution“ (seit dem 1. Januar 2008).
Vorschriften der Berufsgenossenschaften
Unfallverhütungsvorschriften, Richtlinien, Regeln und Merkblätter
Die Berufsgenossenschaften können für ihre Mitglieder (die Unternehmen) sowie die Versicherten (Arbeitnehmer) verbindliche Vorschriften erlassen. Diese Unfallverhütungsvorschriften bzw. berufsgenossenschaftlichen Vorschriften basieren auf der gesetzlichen Ermächtigung nach § 15 SBG VII.
Die Unfallverhütungsvorschriften haben gesetzliche Wirkung gegenüber den Mitgliedern und den Versicherten.
BSG, Urteil vom 24.10.1985 – 2 RU 13/85 (LSG Bayern, Urteil vom 11.12.1984 – L 3 U 275/83)
„Unfallverhütungsvorschriften sind, soweit die Berufsgenossenschaften zu ihrem Erlass ermächtigt sind, autononome Rechtsnormen, die für die Mitglieder der Berufsgenossenschaft und für die Versicherten verbindlich sind und diesen gegenüber normativen Charakter haben.“
Die normative Wirkung auch gegenüber den Beschäftigten ist mit dem Argument in Frage gestellt worden, diese seien nicht Mitglieder des Norm setzenden Unfallversicherungsträgers und daher werde insoweit der Autonomiebereich der Unfallversicherungsträger überschritten. Das Bundessozialgericht bejaht in der angegebenen Entscheidung aber die normative Wirkung auch gegenüber den Versicherten (also den Arbeitnehmern).
Darüber hinaus können die Unfallverhütungsvorschriften über ihren Geltungsbereich hinaus beachtliche faktische Bedeutung gewinnen. So können die Arbeitsschutzbehörden bei der Anwendung der Grundsatzvorschriften des staatlichen Rechts zum betrieblichen Arbeitsschutz (z.B. § 3 ArbSchG, § 28 JArbSchG) davon ausgehen, dass die Anforderungen der Unfallverhütungsvorschriften die allgemein anerkannten Regeln der Sicherheitstechnik, u.U. auch den letzten Stand der Sicherheitstechnik, beschreiben.
Unfallverhütungsvorschriften können somit auch zur Konkretisierung des § 4 Nr. 3 ArbSchG hinsichtlich des jeweiligen Standes von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene dienen.
Überwachung der Vorschriften
Berufsgenossenschaften überwachen die Einhaltung der Vorschriften
Darüber hinaus ordnet der Gesetzgeber in → § 17 SBG VII an, dass die Berufsgenossenschaften auch die Einhaltung der Vorschriften selbst überwachen können.
Berater des Arbeitgebers und des Betriebsrates
Schließlich ist eine wichtige Aufgabe der Berufsgenossenschaften auch die Beratung der Arbeitgeber und des Betriebsrates.
Eine Beratung besteht auch darin, dass die Berufsgenossenschaften Richtlinien, Regeln, Informationsschreiben sowie Merkblätter veröffentlichen zu speziellen Themen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes.
Diese Richtlinien, Regeln und Merkblätter sind nicht unmittelbar zwingendes, verbindliches Recht. Sie können aber Anhaltspunkte für den jeweiligen Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene im Sinne von → § 4 ArbSchG geben.
Thomas Berger
Rechtsanwalt Thomas Berger
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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