23.01.2018

BVerfG verhandelt über das Streikrecht von Beamten

Knapp 2 Millionen Menschen in Deutschland sind Beamte. Für diese Personengruppe gelten besondere Regelungen und Vergünstigungen. So sind grundsätzlich Kündigungen von Beamten ausgeschlossen. Sie haben außerdem Vorzüge im Bereich der Sozialabgaben und bei den Altersbezügen (Pension). Allerdings gibt es auch Einschränkungen. Beamte hatten bislang nicht die Möglichkeit, für die Verbesserung der eigenen Arbeitsbedingungen zu streiken. Dies könnte sich künftig – zumindest für die rund 650.000 verbeamteten Lehrer in Deutschland – ändern.

Worum geht es?
Das Bundesverfassungsgericht verhandelt seit dem 17.01.2018 über vier Verfassungsbeschwerden, die sich gegen das Streikverbot für Beamte richten. Bei den Beschwerdeführern handelt es sich um verbeamtete Lehrer. Diese nahmen in der Vergangenheit während ihrer Dienstzeit an Protestveranstaltungen bzw. Streikmaßnahmen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) teil. Die Teilnahme wurde anschließend disziplinarrechtlich geahndet. Nachdem sich die Betroffenen in den Instanzgerichten nicht durchsetzen konnten, erhoben sie Verfassungsbeschwerden zum Bundesverfassungsgericht.

Pro und Contra Streik
Als Argument für ein Streikrecht, zumindest bei Lehrern, führen die Beschwerdeführer den Art. 9 Abs. 3 GG (Koalitionsfreiheit) an. Es müsse unterschieden werden, ob Beamte hoheitliche Aufgaben ausüben, wie bspw. bei Polizei oder Bundeswehr, oder eben nicht, wie dies bei beamteten Lehrkräften der Fall ist. Für verbeamtete Lehrer sei daher nicht nachvollziehbar, warum sie im Gegensatz zu ihren angestellten Kollegen nicht streiken dürfen. Der Unterschied zur Polizei sei, dass sie eben keine hoheitlichen Aufgaben übernehmen und die Funktionsfähigkeit des Staates bei einem Streik von Lehrern nicht in Frage gestellt wird.

Weiterhin beziehen sich die Beschwerdeführer auf die Europäische Menschenrechtskonvention. Diese gewährleiste in Art. 11 Abs. 1 ein umfassendes Streikrecht auch für Beamte, das nicht statusbezogen, sondern nur nach funktionalen Kriterien eingeschränkt werden dürfe – also nur dann, wenn ein Streik die Funktionsfähigkeit des Staates einschränkt bzw. gefährdet.

Der Bundesinnerminister als Vertreter der Bundesregierung führt gegen das Streikrecht an, dass sich Beamte in einem ganz besonderen Treueverhältnis zum Staat befänden und daher Einschränkungen wie das Streikverbot hinzunehmen seien. Im Ausgleich dazu gebe es Bereiche, in denen Beamte besser gestellt seien als Angestellte. Insofern müsse man das Streikverbot für Beamte vollumfänglich betrachten. Wer die Vorteile eines Beamtenstatus in Anspruch nimmt, müsse auch mit den Nachteilen leben. Alles andere sei „Rosinenpickerei“.

Ergebnis völlig offen
Im Anhörungstermin am 17.01.2018 hat sich das Bundesverfassungsgericht noch sehr bedeckt gehalten, was eine rechtliche Einschätzung des Streikverbotes für Beamte angeht. Dies sicherlich auch vor dem Hintergrund, dass eine Entscheidung für ein Streikrecht bei beamteten Lehrern massive Auswirkungen haben könnte: Einerseits was die künftige Durchsetzungsstärke der Gewerkschaften bei Lehrerstreiks angeht. Anderseits könnte eine positive Entscheidung für ein Streikrecht auch für Beamte eventuell den Anfang vom Ende des Berufsbeamtentums in Deutschland bedeuten. Mit einer Entscheidung ist erst in der zweiten Jahreshälfte zu rechnen. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

BGHP Betriebsratsberater-Team, 23.01.2018