Vertrauensarbeitszeit
- Was ist das?
- Was sind die Vor- und Nachteile aus Arbeitnehmersicht?
- Kann der Arbeitgeber sich hierdurch einer Kontrolle entziehen?
- Was bedeutet dies für die Praxis?
(1) Was ist das?
Noch ein Schritt weiter beim Verzicht auf konkrete Festlegungen zur Arbeitszeitlage geht das Modell der Vertrauensarbeitszeit. Dieses Modell findet häufig bei Angestellten in höheren Positionen und mit besonders hervorgehobenen Aufgaben Anwendung. Arbeitsvertraglich bleiben auch hier die im Arbeitsvertrag geregelte Arbeitszeitdauer und die Höhe der Vergütung unberührt. Der Arbeitgeber verzichtet hier aber vollständig auf die Festlegung der Lage der täglichen Arbeitszeit im Rahmen seines Weisungsrechtes. Entscheidend ist für den Arbeitgeber hier allein das Ergebnis eines bestimmten Arbeitsauftrages innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens. An wie vielen und an welchen Tagen und zu welchen Tages- und Nachtzeiten der / die Arbeitnehmer*in hieran arbeitet, ist dem Arbeitgeber weitestgehend gleichgültig.
(2) Was sind die Vor- und Nachteile aus Arbeitnehmersicht?
Der / die Arbeitnehmer*in ist hier keiner Überwachung und keiner Zeiterfassung mehr ausgesetzt. Er kann grundsätzlich mehr selbstbestimmt zu den Zeiten und an den Orten arbeiten, die er / sie auswählt.
Allerdings besteht auch genau hierin eine Gefahr, vor welcher das ArbZG und die weiteren Bestimmungen zum Arbeitszeit- und Gesundheitsschutz den / die Arbeitnehmer*in gerade schützen wollen: dass nämlich der / die Arbeitnehmer*in sich selbst ausbeutet und bis über die Grenzen des Zumutbaren hinaus arbeitet.
(3) Kann der Arbeitgeber sich hierdurch einer Kontrolle entziehen?
Arbeitsrechtlich bleibt der Arbeitgeber verpflichtet, die vom Arbeitnehmer geleisteten Zeiten zu überwachen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, alle über acht Stunden werktäglich hinausgehenden Arbeitszeiten des/r Arbeitnehmers/-in aufzuzeichnen, die Einhaltung der Ruhezeiten und der Pausen zu überwachen und diese Aufzeichnungen der Aufsichtsbehörde auf deren Verlangen hin zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung darf er nicht auf den Arbeitnehmer übertragen. Die entsprechenden Nachweise hat der Arbeitgeber für mindestens zwei Jahre aufzubewahren. (§ 16 Abs. 2 ArbZG) Anderenfalls handelt der Arbeitgeber ordnungswidrig, mit der Folge dass deswegen Bußgelder in Höhe von bis zu 15.000,- € pro Verstoß von der zuständigen Behörde gegen ihn verhangen werden können.
Zudem unterliegt der Arbeitgeber seit dem 01.01.2015 den strengen Dokumentationspflichten des Mindestlohngesetzes (MiLoG). Nach § 17 MiLoG ist der Arbeitgeber danach verpflichtet, den Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit bei geringfügig Beschäftigten und für besonders problematische und für Schwarzarbeit anfällige Branchen wie z. B. das Baugewerbe, Gaststätten- und Beherbungsgewerbe, Personenbeförderungsgewerbe, Speditions-, Transport- und damit verbundene Logistikgewerbe, Schaustellergewerbe, Forstwirtschaft, Gebäudereinigergewerbe, Messeauf- und -abbau und der Fleischwirtschaft, zu dokumentieren. Für all diese Beschäftigten scheidet dieses Modell damit von vornherein aus.
Zudem ist der Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat nach § 80 Abs. 2 BetrVG verpflichtet, diesen über die geleisteten Arbeitszeiten zu unterrichten. Daneben ist er verpflichtet, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bezüglich der Lage der Arbeitszeit, der elektronischen Aufzeichnung der Arbeitszeit und bezüglich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu beachten.
(4) Was bedeutet dies für die Praxis?
Vorstehende Erwägungen zeigen, dass derartige Arbeitszeitmodelle rechtlich problematisch sein können. Jedenfalls müssen sie stärker rechtlich reguliert werden, als vom Arbeitgeber anfangs beabsichtigt. In jedem Fall empfiehlt es sich aus Arbeitnehmersicht, diese Vertragsgestaltung rechtlich überprüfen zu lassen. Betriebsräten ist zu empfehlen, diesbezüglich ihre Mitbestimmungsrechte wahrzunehmen.