Das deutsche Arbeitsschutzsystem

a) Wie wurde das deutsche Arbeitsschutzsystem entwickelt?

b) Welche Neuausrichtung des Arbeitsschutzsystems gab es?



a) Wie wurde das deutsche Arbeitsschutzsystem entwickelt?

Seit Ende der 80er Jahre wurde in der Europäischen Union die Grundlage für einen europaweiten Arbeits- und Gesundheitsschutz gelegt.

Zum einen ging es um den freien Kapitalfluss in Europa und die damit verbundene Notwendigkeit einheitlicher Standards und des Abschaffen von Barrieren durch eine Vielfalt nationaler Arbeitsschutzvorschriften, zum anderen um die sozialpolitische Flankierung der Gestaltung des europäischen Binnenmarktes.

In der Folge kam es zu einer großen, bis zum heutigen Tage noch nicht in den Köpfen der betrieblichen Arbeitsschutzakteure angekommenen, Veränderung des Arbeitsschutzsystems. Gerade in Deutschland befürchtete man aufgrund des als hoch empfundenen Arbeitsschutzniveaus und des dichten Regelungsgeflechts durch staatliche Vorschriften und zudem umfangreiche Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften, dass dies zu einer Absenkung des Arbeitsschutzniveaus und einer zu weit gehenden Deregulierung des Arbeitsschutzes führen würde.

Rechtlicher Ausgangspunkt war die Verabschiedung einer Rahmenrichtlinie zum betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie Einzelrichtlinien zu betriebsspezifischen Belastungsbereichen.

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b) Welche Neuausrichtung des Arbeitsschutzsystems gab es?

Die Vorgabe von Schutzzielen, die im Betrieb vom Arbeitgeber eigenverantwortlich durch Maßnahmen und Regelungen auszufüllen sind.

Arbeitsschutzgesetz – § 3 Grundpflichten des Arbeitgebers

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. …


Dynamischer Gesundheitsschutz, der charakterisiert ist durch Wirksamkeitskontrollen, regelmäßige Verbesserungen und Aktualisierungen

Arbeitsschutzgesetz – § 3 Grundpflichten des Arbeitgebers

(1) … Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben.


Eine umfassende Einbindung von Sicherheit und Gesundheit in die betrieblichen Organisationsstrukturen, insbesondere die Aufbau- und Ablauforganisation, d.h. letztlich eine nachhaltige Gestaltung eines Gesundheitsmanagements.

Arbeitsschutzgesetz – § 3 Grundpflichten des Arbeitgebers

(2) Zur Planung und Durchführung der Maßnahmen nach Absatz 1 hat der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten

1. für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereit zu stellen sowie
2. Vorkehrungen zu treffen, dass die Maßnahmen erforderlichenfalls bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden und die Beschäftigten ihren Mitwirkungspflichten nachkommen können.


Die frühzeitige Vorbeugung, die bereits bei der Planung von Arbeit, d.h. vor der Arbeitsaufnahme, ansetzt und Gefährdungen und nicht nur Gefahren ermittelt.

Arbeitsschutzgesetz – § 4 Allgemeine Grundsätze

(1) Der Arbeitgeber hat bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes von folgenden allgemeinen Grundsätzen auszugehen:

1. Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird;
2. Gefahren sind an ihrer Quelle zu bekämpfen;

Eine aktive Beteiligung von Beschäftigten, die nicht nur als Experten für ihre Arbeitsplätze tituliert, sondern auch so behandelt werden, vor allem, indem sie aktiv in den Gesundheitsschutz einbezogen werden.

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG können auch subjektive Befragungen der Arbeitnehmer, auch durch schriftliche Erhebungsbögen organisiert werden. Insbesondere psychische Probleme, Arbeitsstress u.ä. sind nur schwer messbar und daher ist die Selbsteinschätzung der Arbeitnehmer in diesem Rahmen von großer Bedeutung und kann in entsprechenden Gefährdungsbeurteilungen als Ermittlungsmethode herangezogen werden.

Arbeitsschutzgesetz – § 17 Rechte der Beschäftigten

(1) Die Beschäftigten sind berechtigt, dem Arbeitgeber Vorschläge zu allen Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit zu machen. …

(2) Sind Beschäftigte auf Grund konkreter Anhaltspunkte der Auffassung, dass die vom Arbeitgeber getroffenen Maßnahmen und bereitgestellten Mittel nicht ausreichen, um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Arbeit zu gewährleisten, und hilft der Arbeitgeber darauf gerichteten Beschwerden von Beschäftigten nicht ab, können sich diese an die zuständige Behörde, wenden.  …


Die Präventionsziele sind erweitert worden auf menschengerechte Gestaltung der Arbeit sowie die Gesundheit und das psychische Wohlbefinden.

Arbeitsschutzgesetz – § 2 Begriffsbestimmungen

(1) Maßnahmen des Arbeitsschutzes im Sinne dieses Gesetzes sind Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit.

Die Berücksichtigung aller Arbeitsbedingungen, die eine Gefährdung von Gesundheit und Wohlbefinden verursachen können, was auch psychische und emotionale Belastungen, soziale Beziehungen umfasst.

Arbeitsschutzgesetz – § 4 Allgemeine Grundsätze

(1) Der Arbeitgeber hat bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes von folgenden allgemeinen Grundsätzen auszugehen:


2. Gefahren sind an ihrer Quelle zu bekämpfen;
3. bei den Maßnahmen sind der Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen;
4. Maßnahmen sind mit dem Ziel zu planen, Technik, Arbeitsorganisation, sonstige Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen und Einfluss der Umwelt auf den Arbeitsplatz sachgerecht zu verknüpfen;  …


Neue Verfahren und Methoden, wie die Gefährdungsbeurteilung.

Arbeitsschutzgesetz – § 5 Allgemeine Grundsätze

(1) Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind.

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