Befristete Arbeitszeitverlängerung bzw. – verkürzung


(1) Welche Vor- und Nachteile hat diese Form der Arbeitszeitgestaltung?

Um die vertragliche Arbeitszeit an den Bedarf des Arbeitgebers anzupassen, vereinbaren diese mit ihren Arbeitnehmer*innen oft auch befristete Erhöhungen der Arbeitszeit.

Vorteil für den Arbeitgeber ist dabei, dass er die Arbeitszeiten seiner Arbeitnehmer*innen bei starkem, zeitweiligem Auftrags- oder Kundenanstieg erhöhen kann, ohne sich dauerhaft zu binden.

Für die Arbeitnehmer*innen bedeutet diese Vertragskonstellation Fluch und Segen zugleich: Einerseits verdienen sie für diese Zeit mehr Geld, andererseits fallen sie nach Fristablauf auf ihren alten Vertragsstatus und damit auf das geringere Arbeitsentgelt zurück. Eine längerfristige Lebensplanung ist auf dieser Grundlage schwierig.

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(2) Sind solche Vertragsgestaltungen unbeschränkt zulässig?

Unbeschränkt nicht, aber im Einzelfall kann dies zulässig sein.

Die Rechtsprechung lässt daher derartige Befristungen der Arbeitszeitdauer nur eingeschränkt zu und prüft nach § 307 Abs. 1 BGB, ob solche Befristungsregelungen im Einzelfall eine unangemessene Benachteiligung des / der Arbeitnehmer*in darstellen. Ist dies der Fall, so hat der / die Arbeitnehmer*in einen Anspruch auf unbefristete Beschäftigung auf Grundlage der erhöhten Arbeitszeit.

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(3) Wann liegt nach der Rechtsprechung eine solche unangemessene Benachteiligung vor?

Das BAG hat im Urteil vom 23.03.2016 – 7 AZR 828/13 – Maßstäbe festgesetzt, nach denen die Gerichte künftig die Prüfung einer solchen Unangemessenheit vorzunehmen haben.

Zunächst hat das Gericht ausdrücklich klargestellt, dass für die Prüfung der Angemessenheit solcher Vertragsbedingungen nicht unmittelbar auf den Maßstab des § 14 Abs.1 TzBfG zurückgegriffen wird. Nach dieser Norm bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrages zu seiner Wirksamkeit eines sachlichen Grundes. Hier ginge es aber „nur“ um die Zulässigkeit der Befristung einzelner Arbeitsbedingungen, während der Vertrag im Übrigen fortbestehe. Diese Norm könne daher nicht unmittelbar herangezogen werden.

Allerdings greift das BAG bei der Prüfung der Angemessenheit der Befristung nach § 307 Abs. 1 BGB gleichwohl auf die Wertungen des § 14 Abs.1 BetrVG zurück. Ein nach § 14 Abs. 1 TzBfG erheblicher Sachgrund für die Zulässigkeit einer Befristung liegt z. B. typischerweise vor, wenn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht, die Befristung zur Vertretung eines /-r anderen Arbeitnehmers*in erfolgt oder der / die Arbeitnehmer*in selbst die Befristung wünscht. Im Falle eines gerichtlichen Streites hierüber hat der Arbeitgeber das Vorhandensein dieser Tatsachen darzulegen und zu beweisen.

Nach der Rechtsprechung des BAG ist die Befristung einer Arbeitszeiterhöhung jedenfalls dann unwirksam, wenn es sich um eine erhebliche Arbeitserhöhung handelt und eine Befristung auch nach § 14 Abs. 1 TzBfG nicht zu rechtfertigen sei. Eine erhebliche Erhöhung der Arbeitszeit soll nach Auffassung des Gerichtes vorliegen, wenn das Erhöhungsvolumen mindestens 25 % der Wochenarbeitszeit eines entsprechenden Vollzeitbeschäftigten ausmacht. Beträgt die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten beispielsweise 40 h / Woche, so wäre die befristete Arbeitszeiterhöhung einer Teilzeitkraft von 20 h / Woche dann erheblich, wenn sie mindestens 30 h / Woche erreicht. Ist dies der Fall, so wäre die befristete Erhöhung i. d. R. nur dann wirksam, wenn sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aus Gründen der Vertretung oder auf Grund eines nur vorübergehenden Bedarfes erfolgt. Fehlt es hieran, hat der / die Beschäftigte einen Anspruch auf eine unbefristete Fortwirkung der ursprünglich nur befristet vereinbarten Arbeitszeiterhöhung.

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(4) Heißt das, dass eine befristete Arbeitszeiterhöhung unterhalb der Erheblichkeitsschwelle unbeschränkt rechtlich möglich ist?

Nein. Auch hier darf der Arbeitgeber seine Interessen nicht einseitig zu Lasten des / der Arbeitnehmer*in durchsetzen.

Auch wenn die vereinbarte Arbeitszeiterhöhung unterhalb dieser 25 % – Grenze liegt, benötigt der Arbeitgeber sachliche Gründe für die Befristung, welche die Interessen des / der Arbeitnehmer*in am unbefristeten Fortbestehen der Vereinbarung und damit an Sicherheit bei der weiteren Lebensplanung überwiegen. Jedenfalls wenn die Befristung allein deshalb erfolgt, weil der Arbeitgeber nach seiner Planung den künftigen Bedarf nicht genau absehen kann, er sich nicht langfristig binden will und nicht einmal ansatzweise sachliche Gründe für eine Befristung nach § 14 Abs. 1 TzBfG ins Feld führen kann, sind weniger erhebliche befristete Arbeitszeiterhöhungen unwirksam. Die Interessen des / der Arbeitnehmer*in werden regelmäßig nicht gewahrt, wenn die Befristung auf Seiten des Arbeitgebers allein dazu dient, sein unternehmerisches Risiko auf den/die Arbeitnehmer*in abzuladen.

Auch hier gilt:

Liegt ein Fall der Vertretung oder ein nur vorübergehender Bedarf des Arbeitgebers nicht vor, dürften solche befristeten Arbeitszeiterhöhungen unwirksam sein mit der Folge, dass der / die Arbeitnehmer*in unbefristet in diesem Umfang weiter zu beschäftigen ist.

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(5) Was bedeuten diese rechtlichen Beschränkungen für die weitere Vertragspraxis?

Die Befristung von Arbeitszeiterhöhungen bedarf aus Sicht des Arbeitgebers immer eines sachlichen Grundes. Im Falle eines Rechtsstreites hierüber, hat der Arbeitgeber die hierfür behaupteten Tatsachen darzulegen und zu beweisen, was sich in der Praxis oft als schwierig erweist. Aus Arbeitnehmersicht lohnt es sich, im Zweifelsfall die Rechtmäßigkeit dieser Befristungen rechtlich prüfen zu lassen.

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