Brückenteilzeit

Neuregelungen im Teilzeit- und Befristungsgesetz: Brückenteilzeit, Arbeit auf Abruf & Co. – Worauf müssen Betriebsräte jetzt achten?

Seit dem 01.01.2019 gilt in Deutschland die sog. Brückenteilzeit. Durch die neue Regelung im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) soll sichergestellt werden, dass Arbeitnehmer*innen, die ihre Arbeitszeit verringern und in Teilzeit arbeiten möchten, nicht unfreiwillig in Teilzeit verbleiben müssen. Nunmehr sollen sie nach Ablauf der vorher vereinbarten zeitlichen Begrenzung der Teilzeitarbeit verbindlich wieder zu ihrer ursprünglich vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zurückkehren können.

Gleichzeitig sind weitere, in den Medien weniger prominent besprochene Änderungen des Teilzeitrechts in Kraft getreten: Der Gesetzgeber hat die gesetzlichen Regelungen zur Arbeit auf Abruf (§ 12 TzBfG) an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts angepasst. Zudem enthalten §§ 7 und 9 TzBfG Neuregelungen zu Gunsten der Arbeitnehmer*innen.

Brückenteilzeit: Was war bisher das Problem?

Nach § 8 TzBfG können Arbeitnehmer*innen, deren Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, die Verringerung ihrer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit verlangen, wenn der Arbeitgeber in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer*innen ausschließlich der Personen in Berufsbildung beschäftigt. Dieser Anspruch ist nicht an das Vorliegen bestimmter Gründe gebunden. Es ist also nicht entscheidend, warum Arbeitnehmer*innen ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringern möchten. Die Verringerung ist außerdem zeitlich nicht begrenzt.

Im Normalfall besteht das Bedürfnis nach Verringerung der Arbeitszeit allerdings nur vorübergehend – sei es wegen der Betreuung von Kindern, Pflege von Angehörigen o. ä. Die betroffenen Arbeitnehmer*innen haben oft irgendwann den Wunsch, ihre Arbeitszeit wieder aufzustocken und entsprechend vergütet zu werden. Genau hier lag das Problem:

Arbeitnehmer*innen, die ihre Arbeitszeit gerne verlängern wollten und dies dem Arbeitgeber auch mitgeteilt hatten, sind nach § 9 TzBfG zwar bei der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung gegenüber anderen Bewerber*innen bevorzugt zu berücksichtigen – falls es denn einen solchen gibt. Außerdem ist der Anspruch ausgeschlossen, wenn dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer*innen entgegenstehen.

Ein verbindliches Recht zur Rückkehr zur vertraglichen Arbeitszeit besteht demnach nicht. Dies hat zur Folge, dass viele Arbeitnehmer*innen, die einmal ihre Arbeitszeit verringert haben, keine Möglichkeit haben, zu ihrer ursprünglich vereinbarten Arbeitszeit zurückzukehren. Mit anderen Worten: Willkommen in der Teilzeitfalle.

Wie sieht die gesetzliche Lösung aus?

Neben den Anspruch aus § 8 TzBfG tritt nun der neu eingefügte § 9 a TzBfG:

Arbeitnehmer*innen, deren Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, können nunmehr verlangen, dass ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit für einen im Voraus zu bestimmenden Zeitraum – also befristet – verringert wird. Dieser Zeitraum muss mindestens ein Jahr und darf höchstens fünf Jahre betragen. Der Anspruch ist wie der Anspruch aus § 8 TzBfG nicht vom Vorliegen bestimmter Gründe abhängig.

Nach Ablauf des vereinbarten Zeitraums kehren die Arbeitnehmer*innen automatisch und verbindlich zur ursprünglich vereinbarten „normalen“ Arbeitszeit zurück. Während der Dauer der zeitlich begrenzten Verringerung der Arbeitszeit können Arbeitnehmer*innen weder eine weitere Verringerung noch eine Verlängerung ihrer Arbeitszeit verlangen (§ 9 a Abs. 4 TzBfG).

Wer hat keinen Anspruch?

Einen durchsetzbaren Anspruch haben Arbeitnehmer*innen allerdings nur, wenn ihr Arbeitgeber in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmer*innen beschäftigt. Achtung: Entscheidend ist dabei die Unternehmens-, nicht die Betriebsgröße.

Der Arbeitgeber kann außerdem gemäß § 9 a Abs. 2 TzBfG das Verlangen auf zeitlich befristete Reduzierung der Arbeitszeit von Arbeitnehmer*innen ablehnen, soweit betriebliche Gründe entgegenstehen. Zudem enthält § 9 a Abs. 2 TzBfG eine nach Arbeitnehmer*innenanzahl gestaffelte Zumutbarkeitsgrenze für Arbeitgeber, die mehr als 45, aber nicht mehr als 200 Arbeitnehmer*innen in ihren Unternehmen beschäftigen: So kann beispielsweise ein Arbeitgeber, der mehr als 45 bis 60 Arbeitnehmer*innen beschäftigt, das Verlangen auf Verringerung der Arbeitszeit ablehnen, wenn zum Zeitpunkt des begehrten Beginns der verringerten Arbeitszeit bereits mindestens vier Arbeitnehmer*innen von der sog. Brückenteilzeit Gebrauch gemacht haben.

Wie ist die Neuregelung zu bewerten?

Die Einführung einer verbindlichen Möglichkeit, nach einer Verringerung der Arbeitszeit wieder zu der ursprünglich vereinbarten Arbeitszeit zurückzukehren und den betroffenen Arbeitnehmer*innen somit einen Weg aus der „Teilzeitfalle“ zu ermöglichen, ist grundsätzlich zu begrüßen und sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Es darf aber bezweifelt werden, dass dieses Ziel so, wie die Neuregelung am Ende gefasst wurde, erreicht werden kann:

 Gerade Frauen profitieren nicht

Der Anspruch aus § 9 a TzBfG ist davon abhängig, dass der Arbeitgeber in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmer*innen beschäftigt. Dieser Schwellenwert, der im Übrigen zu Beginn der Verhandlungen 15 betrug und in deren Verlauf erheblich heraufgesetzt worden ist, ist bereits deshalb verunglückt, da er im Arbeitsrecht einmalig ist und keine andere Norm auf diese Zahl Bezug nimmt. Vor allem aber wird die Anknüpfung an den Schwellenwert dazu führen, dass eine hohe Zahl an Arbeitnehmer*innen, die von der Einführung der Brückenteilzeit hätten profitieren können, nicht in deren Genuss kommen werden:

14 Millionen Menschen, d. h. ein Drittel aller abhängig Beschäftigten, arbeiteten nach Angaben aus dem Jahr 2016 in Teilzeit. Dabei sind vier von fünf der Teilzeitbeschäftigten Frauen.[1] Gleichzeitig arbeiten gerade Frauen häufig in kleineren und mittleren Unternehmen, die den Schwellenwert von 45 Beschäftigten nicht überschreiten. Daraus folgt, dass ein Großteil von Frauen, die ihre Arbeitszeiten nach wie vor häufiger reduzieren als Männer, die neu eingeführte Brückenteilzeit nicht in Anspruch nehmen werden können. Sie würden damit auf den Anspruch auf unbefristete Arbeitszeitreduzierung aus § 9 TzBfG verwiesen mit der Folge, dass die spätere Rückkehr zur ursprünglich vereinbarten Arbeitszeit unsicher bleibt. Anders ausgedrückt: Sie bleiben weiterhin in der Teilzeitfalle.

[1] Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zum Gesetzentwurf der
Bundesregierung vom 27.09.2018, abrufbar unter:
    https://www.dgb.de/downloadcenter/++co++ebd4780e-d071-11e8-aa16-52540088cada.

 Hoher Abwehrschutz für Arbeitgeber

Problematisch an der gesetzlichen Regelung sind außerdem die in § 9 a Abs. 2 TzBfG vorgesehenen Zumutbarkeitsgrenzen:

  • Arbeitgeber werden durch das neue Gesetz bereits insofern geschützt, als dass der Anspruch auf Brückenteilzeit erst besteht, wenn der Arbeitgeber mehr als 45 Arbeitnehmer*innen beschäftigt.
  • Selbst wenn der Anspruch grundsätzlich besteht, hat der Arbeitgeber nach § 9 a Abs. 2 Satz 1 TzBfG das Recht, den Reduzierungswunsch abzulehnen, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen.
  • Liegen keine betrieblichen Gründe vor, können Arbeitgeber sich immer noch auf die in § 9 a Abs. 2 Satz 2 TzBfG vorgesehenen Quoten berufen.

Dadurch werden Arbeitgeber mehrfach geschützt, während es den Beschäftigten unnötig erschwert wird, ihre Arbeitszeit vorrübergehend zu reduzieren.

Verringerungsdauer schwer planbar

Eine weitere Schwäche der gesetzlichen Regelung ist zudem, dass der Zeitraum, für den die Arbeitszeit verringert werden soll, im Vorhinein verbindlich festgelegt werden muss. Wie bereits ausgeführt, können die Gründe dafür, die vereinbarte Arbeitszeit zu verringern, unterschiedlichster Natur sein. Dies bringt es mit sich, dass sich in vielen Fällen, beispielsweise der Pflege eines Angehörigen, im Vorhinein gar nicht absehen lässt, für welchen konkreten Zeitraum eine Verringerung der Arbeitszeit notwendig bzw. erwünscht ist.